Donnerstag, 30. August 2012

Letzter Arbeitstag

Auch wenn ich im Grunde in Aufbruchsstimmung bin, da der Beginn in meinem neuen Job naht - als der letzte Arbeitstag in meiner jetztigen Firma naht, bin ich doch wehmütig.
Im Grunde habe ich in den letzten Tagen nicht mehr viel zu tun, ich versuche, meine Arbeit gut dokumentiert zurückzulassen und erledige ansonsten den noch anfallenden Verwaltungskram. Eine ganze Weile hatte ich überlegt, ob ich anlässlich meines Ausstandes überhaupt noch Kaffee und Kuchen spendieren soll. Immerhin ist es nicht im eigentlichen Sinne ein Grund zu feiern. Aber schließlich mache ich es doch. So ganz sang- und klanglos will ich nicht verschwinden. Und als es soweit ist, bin ich froh, es so gemacht zu haben. Die Kollegen haben tatsächlich gesammelt und mir ein großzügiges Abschiedsgeschenk spendiert - wie auch schon das Geschenk zur Geburt meines Babys großzügig war. Ich bin gerührt - mit so etwas hatte ich jetzt nicht gerechnet. Es handelt sich schließlich nicht um einen Weggang nach langen Jahren gemeinsamer Arbeit - wirklich lange war ich ja nicht dort. Aber ich freue mich trotzdem, auch über die vielen netten Worten, die Kollegen, Chefin und Chef-Chef noch finden. Etwas amüsiert bin ich über die Diskussionen, die das Thema Telearbeit aufwirft. Der Großteil der Kollegen resümiert über den Vorteil, lang auszuschlafen und sein Frühstück mit an den Schreibtisch zu nehmen. Immerhin wird auch der fehlende Anfahrtsweg gewürdigt.
Nun, alle wünschen mir, dass es nun so läuft, wie ich mir das erhoffe. In der Tat bin ich diesbezüglich ein wenig nervös. Was, wenn ich mir etwas vormache, und auch Telearbeit keine Vorteil beim Arbeiten mit Kind bringt? Wird die neue Stelle wirklich weniger Druck und gleichzeitig spannend und herausfordernd sein? Gibt es die eierlegende Wollmilchsau?

Bevor ich das herausfinde stehen noch einige Wochen Resturlaub an - was bedeutet, dass ich viel Zeit mit meiner Kleinen verbringen werde. Ich erfreue mich an ihr. Da sie ein kleiner Sonnenschein ist, fällt das nun wahrlich nicht schwer. Nur der zweite Zahn ist wieder eine harte Prüfung. Zwei Wochen wunder Po, durcheinandergeratene Verdauung, Schwitzen und als der Zahn sich endlich seinen Weg ganz nach draußen bahnt, nächtliches Geschrei und das Bedürfnis, mehrmals in der Nacht herumgetragen zu werden. Wenn ich daran denke, wieviele Zähne noch kommen werden, gruselt es mir. Aber: Ich bin ja eine Mama, und Mamas sind stark. Nicht wahr?

Dienstag, 21. August 2012

Kündigung - Reaktionen auf der Arbeit

Meiner Chefin hatte ich es ja schon telefonisch gebeichtet, meinen Kollegen musste ich es noch erzählen - dass ich nach nur etwas mehr als einem Jahr Betriebszugehörigkeit - und davon auch noch 4 Monate wegen Mutterschutz und ähnlichem nicht anwesend - gekündigt habe. Die Reaktionen reichten von Kinnladerunterklappen und Bedauern bis hin zu eher mäßigem Interesse (bei den Kollegen, mit denen ich eher mäßig viel zu tun gehabt hatte, und die mich in ihrer 50 Stunden Woche in meiner Teilzeit von 20 Stunden pro Woche ohnehin kaum wahrnahmen).
Noch interessanter aber die Reaktion der Personalabteilung. Tatsächlich durfte ich ein Feedback-Gespräch führen, in dem ich nochmals die mangelnde Telearbeit, bzw. die 50 Stunden Präsenzkultur bemängelte. Aber da rannte ich in der Personalabteilung ja ohnehin offene Türen ein, wie ich wusste. Man gab mir noch den Hinweis, dass ich es mit meiner Abteilung besonders schlecht getroffen habe, da diese zum einen voll im Fokus des Betriebsrates stehe, zum anderen der Chef (gemeint war nicht meine Chefin, sondern deren Chef) eine höhere Stundenzahl von seinen Mitarbeitern fordere als in anderen Bereichen üblich. Naja. Was soll man da sagen.
Irgendwie konnte ich es mir nicht verkneifen, mich zu entschuldigen, dass es sich ja für die Firma nicht wirklich gelohnt habe, mich einzustellen. (Warum nur diese Selbstkasteiung?). Interessant die Reaktion des Personalers: Nein, nein, er bewundere ja meinen Mut, dass ich noch vor Vertragsangebot nachgefragt hatte, wie es denn mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Firma aussähe*. Das sei damals ja ausgiebig besprochen worden, firmenintern, und hätte bei anderen Bewerbern (nun ja, man muss hier wohl ganz ehrlich sagen: Bewerberinnen) zur Nichteinstellung geführt. Er persönlich sei aber sehr dafür, Frauen einzustellen, auch wenn er noch keine einzige Frau eingestellt habe, die nicht recht bald darauf schwanger geworden wäre. Aber für das Arbeitsklima sei es trotzdem ein Gewinn. Dann gehe nicht mehr so viel unter die Gürtellinie unter den Kollegen.
Was soll man dazu noch sagen? Hier erfahre ich nochmal eindeutig und aus erster Hand, dass andere Frauen, die es wagen, nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachzufragen, schlichtweg nicht eingestellt werden... es sei denn als Kompensation für männliche Aggressionen im Berufsleben. Wenn das nicht Schubladendenken in Reinstform ist. Im Stillen danke ich dem Fachkräftemangel - sonst wäre ich wohl heute noch auf Jobsuche - trotz eines 1A-Lebenslaufes mit dem jeder Mann sich alle Jobs wohl aussuchen könnte. Oder?

*Nein, von der mangelnden Telearbeit war da keine Rede. Inzwischen bin ich immerhin nicht mehr ganz so naiv wie damals und kann inzwischen "Da hat sich einiges getan" in "Da gibt es noch viel zu tun", "KiTa geplant" in "Da gibt es die nächsten Jahre nichts", "Treffen der Eltern in Elternzeit" in "Irgendwas müssen wir ja anbieten" und "Es gibt einen VPN Zugang für Dienstreisen" in "aber wehe sie versuchen den für Telearbeit zu benutzen" übersetzen.

Dienstag, 14. August 2012

Zurück auf Start

Im Grunde darf ich wirklich nicht meckern. Wie ich bereits geschrieben habe, ist mein Göttergatte nahezu einzigartig, was sein Verständnis vom Papasein angeht. Nahezu soviel Elternzeit wie ich, er übernimmt die Vormittagsschicht, ich die Nachmittagsschicht beim Baby und welcher Papa hätte so viel Geduld gehabt wie er, als es darum ging, der Kleinen wieder beizubringen, aus der Flasche zu trinken, damit ich arbeiten gehen kann?
Wie kann ich es ihm dann verwehren, seine gewohnte jährliche Tour mit seinen Kumpels zu machen? Natürlich kann ich es nicht. So verbingen ich also eine Woche meines "Urlaubs*" alleine mit Baby - unterstützt von meiner Schwiegermama und meiner Mutter, die uns nacheinander besuchen kommen. 8 Tage sind wir ohne "den Papa". Natürlich vermisse ich ihn. Unsere Kleine scheint ihn die erste Nacht auch zu vermissen. Mehrmals dreht sie sich dorthin, wo er sonst schläft. Da war doch sonst noch jemand? Und als er am ersten Tag anruft, guckt sie ganz anders als sonst, wenn das Telefon auf laut gestellt wird. Doch dann vergehen die Tage, und als Göttergatte am 8. Tag strahlend auf sein kleines Mädchen zugeht, verzieht diese den Mund, und beginnt vor Angst zu heulen. Sie fremdelt vor ihrem eigenen Papa... Nun, wir lassen ihr Zeit. Immerhin lässt sie sich im Laufe des Abends von ihm auf den Schoß nehmen. Macht sich allerdings erst etwas steif. Als er noch mit Banane ankommt, beginnt sie wieder zu heulen. Am nächsten Tag geht es schon besser, aber als sie sich bei ihren Drehversuchen ein wenig am Kopf stößt, lässt sie sich nur von Mama trösten. Uff. Am Tag darauf gehe ich wieder arbeiten. Nach wenigen Stunden erreicht mich eine verzweifelte Mail. Die Kleine wolle nicht alleine liegen und lasse sich nicht wie gewohnt in der Tragehilfe in den Schlaf wiegen. Nagut. Ich fahre eher nach Hause. Die Arbeit liegt ohnehin in den letzten Zügen, bevor ich Firma und Job wechsele. Als ich parke und zur Haustür laufe steht Göttergatte schon in der Tür. Kleinlaut. Gerade sei die Kleine eingeschlafen, vor zwei Minuten. Nagut. Göttergatte zieht sich erschöpft ins Bett zurück und ich wache neben meiner Kleinen, die friedlich auf ihrer Decke im Wohnzimmer schläft - eine geschlagene Stunde lang.
Immerhin. Am Tag darauf ist endlich wieder Normalität angesagt. Unser Baby ist wieder restlos von ihrem Papa begeistert, lässt sich von ihm trösten, beruhigen und Brei füttern. So schnell, sagt der Papa, fährt er nicht mehr so lange weg.

*wenn auch kein richtiger Urlaub sind diese Tage immerhin auch für mich erholsam - den begeisterten Omas sei Dank.

Mittwoch, 1. August 2012

Abgründe

Die zweite Woche, in der ich nicht arbeite, erst einige freie Tage, dann die Krankheit der Kleinen, dann meine eigene. Es wird eine weitere Woche folgen, in der ich Urlaub habe, da mein Göttergatte wegfährt.
An diesem Nachmittag kippt meine Stimmung, als ich bemerke, dass ich die Kleine gestillt habe, obwohl es Zeit für die mittaglichen Breiversuche ist. Es deprimiert mich. Ich fühle mich als Versagerin, so irrational das auch sein mag. Da der Brei schon warm ist, setze ich mir die Kleine auf den Schoss, und versuche sie dennoch zu füttern. Wie zu erwarten war, klappt es nur mäßig gut, schließlich hat sie gerade getrunken. Ich versuche einen weiteren Löffel voller Brei zwischen ihre Lippen zu schieben, als mich ein seltsames Gedankenpotpourri trifft. In einer einzigen Sekunde sehe ich die systemimmanente Gefahr von Situationen, in denen ein Part keine Macht hat, und der andere Part alle Macht. Das Stanford-Prison Experiment seltsam vermischt mit den überhöhten Vorstellungen einer Mutter in unserer Gesellschaft, das Milgram Experiment und die Einsamkeit einer Mutter mit ihrem ersten Kind, wenn der Mann nicht da ist und auch sonst keine Angehörigen in der Nähe leben, Abu Graib und die Aussage "Manchmal weiß ich mir einfach nicht mehr zu helfen". Ich sehe, wie ausgeliefert mir mein kleines Wesen ist, wie vollkommen meine Macht ist. Dieser ganze wirre Gedankenmischmasch dauert nur eine Sekunde. Vielleicht weniger. Er erschreckt mich zutiefst. Ich klopfe den Löffel an der Breischüssel ab und gebe ihn meiner Kleinen zum Spielen. Dann drehe ich sie so, dass ich ihr Gesicht sehen kann und sofort löst sich der Druck. Ich wische ihr den Mund mit dem Lätzchen ab und lege sie auf ihre Spieldecke. Sie strahlt und gluckst mich an. Ich atme tief durch. Schäkere ein bisschen mit ihr. Und räume dann den Esstisch auf.